Sehr geehrter Herr Pascal Alter !
Hilflos schauen wir seit Wochen auf den blutigen Feldzug des "Islamischen Staates" (IS) in Syrien und im Irak. In der vergangenen Woche ist der Terror an der Grenze zur Nato angekommen. Nach monatelanger Belagerung sind Tausende IS-Kämpfer über die kurdische Stadt Kobane hergefallen. Nur einen Steinwurf von der türkischen Grenze entfernt werden seither kurdische Kämpfer abgeschlachtet - und Ankaras Armee schaut tatenlos zu. Christoph Reuter und Fiona Ehlers beschreiben in der Titelgeschichte die Scheinheiligkeit türkischer Politiker und Militärs im Kampf gegen IS. Sie beschreiben, wie Verwundete, denen Ankara Schutz zugesagt hatte, stundenlang an der Grenze abgewiesen wurden, vier von ihnen starben. Sie beschreiben, wie die Türkei Teile der männlichen Bevölkerung Kobanes, die vor den Kämpfen flohen, als "Terroristen" interniert. Zugleich reisen immer noch westliche Dschihadisten über türkische Flughäfen ins syrisch-irakische Kampfgebiet. Mehr Doppelmoral geht nicht.
Ergreifend ist auch das Stück meines Kollegen Ralf Hoppe, der über ein jesidisches Mädchen schreibt, das neun Tage in den Fängen des IS war. Die Islamisten töteten große Teile ihrer Familie - doch damit begann das Martyrium für die 16-Jährige erst. Sie wurde verschleppt, gequält, vergewaltigt. Es ist eine eindringliche Geschichte über die Schrecken des Krieges. Und eine Mahnung, diesen bestialischen Terror endlich zu stoppen.
Unser Afrika-Korrespondent Bartholomäus Grill ist nach Liberia gereist, ein Land, in dem das Ebola-Virus besonders heftig wütet. Grill berichtet, wie die Seuche ganze Familien auslöscht. Und wie die Krankheit im Straßenbild allgegenwärtig ist. Aber er zeigt auch, dass Monrovia nicht die "Ebola-Hölle" ist, als die viele Medien die liberianische Hauptstadt dieser Tage beschreiben. Grill schreibt über Marktfrauen, die trotz der Seuche ihre Maniokwurzeln anbieten, über junge Leute in der Strandbar "Golden Beach". Und über die 25-jährige Salome Karwah, die ihre Ebola-Infektion überlebt hat und nun, resistent gegen den Erreger, selbst Erkrankten hilft. "Schreiben Sie über das Leben", diktierte die junge Frau Grill in den Block, "nicht über das Sterben."
Viel Vergnügen bei der SPIEGEL-Lektüre wünscht Ihnen
Jörg Schmitt
SPIEGEL-Redakteur
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