wtorek, 25 sierpnia 2015

SPIEGEL-Brief

Sehr geehrter Herr Pascal Alter!

Fühlen Sie sich ausreichend informiert über den Medienkonsum Ihrer Kinder? Nachdem Sie den Artikel meiner Kollegin Katrin Elger im aktuellen SPIEGEL gelesen haben, werden Sie dieser Frage möglicherweise größere Bedeutung beimessen als bisher. Elger hat das deutschlandweit erste betreute Wohnheim für computerspielsüchtige Jugendliche in Dortmund besucht. Sie traf dort auf Jungs, die eine Weile bis zu 20 Stunden lang vor der Spielkonsole rumgehangen hatten. Schule schwänzen, Über- oder Unterernährung, soziale Phobien sind bei Mediensucht gängige Nebenwirkungen. Wie die Süchtigen langsam aus der virtuellen Welt zurückgeholt werden, welche Gründe ihr exzessives Verhalten haben kann und warum Mädchen bisher kaum von dieser digitalen Abhängigkeit betroffen sind, erfahren Sie in Elgers Artikel "Daddler auf Entzug".

Der Deutsche Jonas Kaufmann gilt seit geraumer Zeit als der beste Tenor der Welt - einer der begehrtesten ist er zweifellos. Wie geht er mit dem Druck um, wie fühlt sich das an? "Ehrlich gesagt: Es macht mir einfach unglaublich viel Spaß", sagt Kaufmann in einem ebenso unterhaltsamen wie informativen Gespräch, das mein Kollege Joachim Kronsbein mit dem Sänger in Mailand führte. Kaufmann erweist sich als offen, lebenslustig und bodenständig. Der Leser erfährt, warum der Startenor Puccini so sehr liebt, dass er gern segeln geht, und warum man über die Zukunft nicht zu früh sprechen sollte. Das Gespräch ist auch für Nicht-Klassikexperten ein Genuss.

Haben Sie einen Traum, einen Lebenstraum? Der deutsche Abenteurer Rüdiger Nehberg hatte viele davon - und wie mein Kollege Jonathan Stock in seinem Porträt im neuen SPIEGEL berichtet, hat er sich in seinen 80 Lebensjahren so manchen auch erfüllt. Noch nicht erreicht hat er sein schwierigstes Ziel, kämpft aber weiter dafür: Der Wahlholsteiner will die Praxis der weiblichen Genitalverstümmelung beenden. Stock begleitete den Mann auf einer Reise nach Äthiopien, wo er bei Sultanen und Stammesfürsten für sein Ansinnen warb. Der Leser spürt, mit welcher Energie der Aktivist für die Frauen und Mädchen kämpft, die einem jahrtausendealten schrecklichen Ritual unterworfen werden. Nebenher kann man lernen, wie man sich aus dem Griff eines Felsenpythons befreit und wie man ein Wildschwein mit bloßen Händen fängt.

Zum Schluss noch eine Leseempfehlung für eine Leseempfehlung: Meine Kollegin Maren Keller stellt den Debütroman "Der erste fiese Typ" der amerikanischen Künstlerin Miranda July vor. In ihrem Text kommen so wunderbare Sätze vor wie: "Beim Lesen dieses Romans fühlt man sich eigentlich permanent, als hätte man sich soeben ein ganzes Päckchen Brausepulver auf einmal in den Mund geschüttet - egal wie groß das Vergnügen ist, man möchte sich schütteln dabei."

Viel Vergnügen bei der SPIEGEL-Lektüre wünscht Ihnen

Ihre Katharina Stegelmann 
SPIEGEL-Redakteurin


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