Liebe Leserin, lieber Leser!
Mein Kollege Jonathan Stock hat eine Geschichte aufgeschrieben, die bei mir eine Frage auslöste. Es geht um das lange, dramatische, unglaubliche Leben des israelischen Journalisten Noah Klieger, der drei Konzentrationslager überlebte. Warum zerbrechen einige Menschen am Leid, während anderen eine normale, gute Biografie gelingt, mit Familie, Beruf und Witzen? So, wie es Klieger gelang, der heute 88 Jahre alt ist. Er hat es geschafft, das lerne ich bei der Lektüre des dicht erzählten Porträts, indem er das Grauen nie hat ruhen lassen. Klieger besuchte nach 1945 als Reporter sämtliche Kriegsverbrecherprozesse, bis heute ist er 150-mal in Auschwitz gewesen, um jungen Leuten vom Unsagbaren zu erzählen. Klieger stellt sich der Vergangenheit, um die Gegenwart zu verstehen. Darin liegt, so die Überschrift des Textes, "Der Auftrag seines Lebens".
Die Reportage meines Kollegen Markus Feldenkirchen stellt eine andere wichtige Frage, eine, die zunächst absurd erscheint: Ist ein schwarzes Kind weniger wert als ein weißes? Feldenkirchen erzählt den Fall eines lesbischen Paares aus Ohio, das bei einer Samenbank das Sperma eines weißen Mannes bestellte, jedoch versehentlich das eines schwarzen erhielt. Als das "Versehen" geboren war, reichten die Mütter Klage ein. Das Paar prozessiert sozusagen gegen die Hautfarbe des eigenen Kindes, ein bildhübsches Mädchen, Payton mit Namen, heute zweieinhalb Jahre alt. Der Autor sieht in der Geschichte ein "modernes amerikanisches Märchen" – ein Märchen, dem allerdings das glückliche Ende fehlt.
Dabei könnte es so einfach sein! Zumindest im Verhältnis zwischen Mensch und Wolf, das ja, nicht zuletzt durch ein anderes Märchen, schwer belastet ist. Das Raubtier macht sich, wie man weiß, derzeit wieder in Deutschland heimisch, und der italienische Ökologe Luigi Boitani rät im SPIEGEL-Gespräch: Man muss den Wolf nur mögen. Boitani kennt sich aus mit Wölfen. In seiner Heimat, dem Apennin, sind die Wölfe nie wirklich ausgestorben, noch vor ein paar Wochen sah der Wissenschaftler "zwei wunderschöne Tiere auf einer Lichtung". Meine Kollegin Julia Koch entlockt dem Mann praktische, aber nicht ganz leicht umsetzbare Tipps für deutsche Spaziergänger im Umgang mit dem Wolf: "Nicht wegrennen! Ein flüchtendes Lebewesen ist Beute in seinen Augen."
Viele Fragen und viele Antworten wünscht Ihnen
Ihre Barbara Hardinghaus
SPIEGEL-Redakteurin
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