niedziela, 6 stycznia 2019

Der Zauberberg

Zeit

Mit der Leben/Tod-Thematik ist der Begriff der Zeit verwoben, ein weiteres zentrales Motiv im Zauberberg. Obwohl der Roman nahezu chronologisch aufgebaut ist, verläuft die Handlung – beginnend mit Hans Castorps Ankunft auf dem Bahnhof Davos-Dorf Anfang August 1907 und endend mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs genau sieben Jahre später – nicht in gleichmäßiger Geschwindigkeit, sondern beschleunigt sich zunehmend. Die ersten fünf Kapitel, etwa die Hälfte des Textes, beschreiben von Castorps insgesamt sieben Zauberbergjahren zeitdehnend und detailreich lediglich die ersten sieben Monate, die dem Protagonisten täglich Neues, Interessantes bringen und die in der „Walpurgisnacht" zugleich ihren Kulminations- und Endpunkt finden.
Die letzten beiden Kapitel drängen, raffen und verdichten indes einen Zeitraum von sechs für Castorp von Routine und Monotonie geprägten Jahren; Mann verarbeitet dabei zitierend ein philosophisches Thema des von ihm verehrten Arthur Schopenhauer, das „zeitlose Jetzt" (lat. nunc stans). Der Asymmetrie im Romanaufbau entspricht auf der Erzählebene eine verzerrte Zeitwahrnehmung durch den Protagonisten selbst.
Schließlich wird im Roman fortwährend über das Phänomen der Zeit auch auf theoretischer Ebene diskutiert: Über die Frage etwa, inwieweit „Interessantheit und Neuheit des Gehalts die Zeit vertreibe, das heißt: verkürze, während Monotonie und Leere ihren Gang beschwere und hemme". Erörtert wird auch das Problem der „Erzählbarkeit" von Zeit, des Zusammenhangs zwischen der Dauer eines Berichts und der Länge des Zeitraums, auf den er sich bezieht.[5]
Im Zeichen symbolhafter Bezüge steht das einzig konkrete Datum der Romanhandlung, der Faschingsdienstag des Jahres 1908, den das Unterkapitel „Walpurgisnacht" schildert.[6] Der Autor legt diesen letzten Tag des Karnevals – und notabene Vortag des an Buße und Memento mori mahnenden Aschermittwochs – auf den 29. Februar. Von Peeperkorn später (im siebenten Kapitel) mit der Feststellung: „Sie waren Clawdias Geliebter" in die Enge getrieben, findet Hans Castorp die elegante Ausflucht, dass dieser Faschingsdienstag „ein aus aller Ordnung und beinahe aus dem Kalender fallender Abend war", ein Extraabend, ein Schaltabend, „und daß es also nur eine halbe Lüge gewesen wäre, wenn ich Ihre Feststellung geleugnet hätte." Damit ist die Symbolik dieses Datums aber noch nicht erschöpft, denn die Engländer nennen den letzten Februartag Doomsday, was den Tag des Jüngsten Gerichts bezeichnet und zugleich Begriffe wie Unheil, Verderben, Verdammnis anklingen lässt, womit wiederum ein zusätzliches und bezeichnendes Licht auf jenen „unverantwortlichen Abend" fällt. Eine weitere Pointe liegt darin, dass der 29. Februar 1908 in Wirklichkeit gar nicht auf den Faschingsdienstag, sondern auf den vorangehenden Samstag fiel, die symbolträchtige (Um-)Datierung also der poetischen Freiheit zugutezuhalten ist, die sich der Autor hier aus den oben genannten Gründen genommen hat.

https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Zauberberg

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